(1...2...Freddy kommt vorbei)
Als ich in die Küche ging und zufällig einen Blick durchs Fenster warf, zuckte ich erstreckt zusammen.
Nur undeutlich und im Augenwinkel hatte ich eine Bewegung gesehen.
Da war doch einen Moment zuvor noch eine Gestalt gewesen, die sich blitzartig in den Schatten zurückgezogen hatte.
Unweigerlich musste ich daran denken, dass diese Gestalt, dieser Mann, jetzt dort unten im Finstern stand und zu mir empor spähte.
Sah er mich vielleicht genau an?
Erkannte der den Schreck in meinem Gesicht?
Ich ließ das Rollo hinab, schob vorsichtig mit den Fingern zwei Lamellen auseinander und sah hinaus.
Nichts rührte sich. Der Kerl war nicht dumm. Er wusste, dass ich meinerseits versuchen würde ihn zu beobachten. Aber ich bin auch nicht von gestern.
Ich habe schon halbe Nächte mit dem Versuch verbracht, meinen Beobachter nur einmal deutlich zu sehen. Habe scheinbar zur Seite geblickt und aus dem Augenwinkel die Stelle beobachtet an der er verschwunden war. Bisher ist es mir nicht gelungen, aber es ist nur eine Frage der Zeit.
Ich weiss schon seit langem, dass ich verfolgt werde.
Die nach außen hin harmlosen Passanten, die zufällig in die selbe Richtung gehen wie ich, die geheimen Handzeichen die sie austauschen um sich zu verständigen, der Mann im Park, der so tut als würde er die Zeitung lesen aber in Wirklichkeit kein Auge von mir lässt, die Frau mit dem Kinderwagen, in dem sich statt eines Babys komplizierte elektronische Geräte befinden um mich abzuhören und zu filmen...
Sie alle sind Teil einer gewaltigen Überwachungsmaschinerie.
Jedes Mal wenn ich ein Lokal betrete gibt es dort Leute, die kurz in ihrem Gespräch innehalten, die mich durchdringend ansehen um dann ihre Aufmerksamkeit scheinbar anderen Dingen zuwenden, die mich aber observieren und ausspionieren.
Immer wenn ich in meine Wohnung zurückkehre, bemerke ich, dass zum Beispiel ein Stuhl nicht mehr an derselben Stelle steht wie vorher, dass sich die Reihenfolge der Bücher im Regal leicht geändert hat, dass jemand in meiner Abwesenheit in meinen Unterlagen gestöbert hat.
Ich verbrachte dann Stunden damit, nach Wanzen zu suchen, nach Miniaturkameras, doch bisher waren meine Bemühungen erfolglos. Aber ich bin mir sicher, dass sie da sind. Irgendwo an Stellen versteckt, auf die ich nur nicht gekommen bin.
Ich lebe wie unter einem Vergrößerungsglas.
"Das bildest du dir nur ein." sagen die Leute mit den ich darüber geredet habe.
Freunde, Bekannte, Verwandte.
Natürlich sagen sie das. Sie können ja auch nichts anderes sagen, denn sie sind Teil der Verschwörung gegen mich.
Mir ist nur nicht klar, warum ausgerechnet ich ihr Interesse geweckt habe. Ich bin ein ganz normaler Mensch und habe nichts getan, was nicht auch tausend Andere vor mir getan haben und noch immer tun.
Selbst meine Nachbarwohnung wird benutzt um mich zu beobachten.
Der große, fest an meiner Wand verschraubte Spiegel ist wahrscheinlich halb durchlässig und dahinter sitzen Leute die Protokolle führen, wann ich aufstehe, wann ich ins Bett, wann ich ins Bad gehe und für wie lange.
Ich bin mir sicher, dass dort...nebenan, das Hauptquartier ist.
Und er, mein angeblicher Nachbar, ist der Kopf der Organisation.
Und an jenem Tag, als ich wieder einmal den Schatten unter meinem Fenster bemerkt hatte, packte mich die Wut.
Ich klopfte an seine Türe.
Er öffnete sie einen Spalt und sah hinaus.
"Hallo, was kann ich für dich tun?" fragte er scheinheilig und kam auf den Flur, wobei er die Türe nur soweit wie nötig öffnete um sich hinaus zu quetschen und sofort hinter sich zuzog.
"Was wollt ihr von mir?" fragte ich.
Er sah mich verwundert an.
"Wie, was wollen wir von dir? Was sollen wir von dir wollen? Und wer ist IHR?"
"Na, du und deine Genossen. Warum beobachtet ihr mich? Warum laufen mir ständig deine Spione hinterher. Warum durchsucht ihr meine Wohnung wenn ich nicht da bin? WAS WOLLT IHR VON MIR?"
Den letzten Satz schrie ich ihm ins Gesicht.
Er tippte an seine Stirn.
"Du tickst doch nicht richtig. Geh mal zum Arzt und lasse deinen Kopf untersuchen."
"Ich weiß was in meinem Kopf ist. Ihr habt mir einen Chip implantiert um selbst meine Gehirnströme aufzuzeichnen." sagte ich "Aber damit ist jetzt Schluss. Ich weiß was ich weiß."
Er schüttelte den Kopf.
"War es das? Ich gehe dann mal wieder rein..."
Er drehte sich um und wollte die Türe aufschließen doch ich stürzte mich auf ihn, packte von hinten seinen Hals und drückte zu.
Wild schlug er um sich und wir fielen zu Boden. Ich rollte herum, kniete mich auf ihn und packte wieder seinen Hals.
"Ich - lasse - mich - nicht - mehr - beobachten." keuchte ich und schlug seinen Kopf bei jedem Wort auf den Boden. Sein Gesicht verfärbte sich, wurde rot und ging dann langsam ins Bläuliche über.
Immer fester drückte ich zu...
...und wurde plötzlich zurückgerissen. Zwei weitere Nachbarn waren aufgetaucht und hielten mich am Boden fest.
"Ruf die Polizei" rief irgendwer.
An die folgenden Tage erinnere ich mich nicht richtig. Nur bruchstückhafte Szenen sind mir geblieben.
Gesichter die sich über mich beugten.
Ein fremder, steril eingerichteter Raum.
Riemen, die mich auf dem Bett fixierten.
Und immer wieder der Stich einer Injektionsnadel und der wohltuende Dämmerzustand der darauf folgte.
Als sich mein Zustand stabilisiert hatte, führte ich lange Gespräche mit einem Arzt, erzählte von der Verfolgung, den Spionen und Wanzen, versuchte ihm klar zu machen, dass ich in Notwehr gehandelt hatte.
"Paranoide Schizophrenie" nannte er es. Natürlich musste er das diagnostizieren. Denn wahrscheinlich gehört er zu ihnen.
Vielleicht hat er aber auch Recht. Vielleicht bin ich paranoid.
Aber nur weil ich paranoid bin, heißt es ja noch lange nicht, dass ich nicht verfolgt werde.
3 Kommentare:
du bist nicht allein...
*gruselgaga* :-)
Guten Morgen Experiment 12976Afhg45
@Bluhnah:
Stimmt...und es stört uns kein bisschen...
@Stumpfi:
Danke schön, Agent Maxwell Smart.
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