(Und zwar täglich)
Heute war ich zum Mittagessen bei meinen Eltern und...was soll ich sagen?
Es war nachher nicht wirklich erquicklich.
Der Haussegen hing schief und das kam so:
Während des Essens kam das Gespräch irgendwie auf Vaters Kindheit und er erzählte (wieder mal) davon, während des letzten Kriegsjahres auf einen Bauernhof in Oberhessen verschickt gewesen zu sein.
"Ahh..." sagte ich "Ich glaube das schon das eine oder andere Mal gehört zu haben. Davon gibt es doch ein Foto, du mit einem Seppelhut auf dem Kopf und einem Riesenbutterbrot in der Hand."
"Stimmt." sagte mein Vater "Mann, das war vielleicht ein Butterbrot..." und zeigte in der Luft, dass das Butterbrot etwa 50 cm lang gewesen sein musste.
"So ein Foto haben wir nicht." warf meine Mutter ein.
"Ja meinst du, ich denke mir das aus?" fragte ich. "Woher sollte ich denn von dem Seppelhut und der Stulle wissen?"
In Gedanken sah ich das Foto deutlich vor mir.
"Natürlich haben wir so ein Foto." beharrte mein Vater und pantomimte erneut, wie er ein, inzwischen noch gewachsenes, Riesenbutterbrot isst.
Ich erkannte mittlerweile, eine Lawine losgetreten zu haben, denn Mom stand auf und ging ins Schlafzimmer, um kurz darauf mit einem Dutzend Fotoalben und einer (mit losen Fotos gefüllten) Lebkuchendose von den Ausmaßen eines Kleintransporters, zurückzukehren.
Die Alben waren schnell durchgesehen ohne dass sich das Seppelhut-Foto fand.
Nun ging es an die Lebkuchendose.
Immer wieder griffen wir hinein, grapschten uns einen Stapel Fotos und sahen sie durch. Da tauchten wahre Leckerbissen auf.
Der kleine Buck im Strampelanzug auf einer Decke und an einem roten Plastikfisch kauend, der selbe Buck, 7 Jahre später mit Schultüte und Ranzen, mein Patenonkel mit einem Siebziger Jahre Pornobart und Vo-ku-hi-la-Frisur, mein Naziopa der vom Krieg schwadronierte und ähnliche Schätze.
"Dieses blöde Bild MUSS doch zu finden sein..." nörgelte ich und tauchte erneut in die Lebkuchendose.
Allein, das fragliche Foto tauchte nicht auf.
Hämisch grinsend packte Mom die Alben und die wieder eingeräumte Dose beiseite.
"Na, wo ist denn das Foto?" fragte sie und setzte zu einer Butterbrot-Geste an.
"Ach halt den Mund." antwortete mein Vater, stand auf und verschwand im Bad.
Und ich machte mich davon.
Wenigstens werden sie heute keine Langeweile haben.
Es ist ein schönes Gefühl, wenn man seine Eltern vor dem grauen, eintönigen Alltag bewahren kann.
Und sei aus nur, indem man einen Ehekrach provoziert.
3 Kommentare:
Cool...immer schön der Demenz vorbeugen..schön die Hirnzellen aktivieren..guter Junge..
"Kopftätschel"
Pah, die hat das schnell verschwinden lassen. Hätte mal dein Dad losjuckeln sollen, die Bilder holen. Ihr unterschätzt sie alle - jawoll!!!
unartiger junge!
ich musste laut über die dose mit kleintransporterausmassen lachen :-)))
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