Zum Teufel auch...

(Auflösung an primitive Monitore angepasst)


Müde stieg der alte Pane von seinem noch älteren Esel und streckte die steifen Knochen.

Seit den frühen Morgenstunden war er unterwegs gewesen um seine Verwandten in der Stadt zu besuchen.

Morgen wollten sie gemeinsam seinen 80. Geburtstag feiern.

Früher hatte er diese Strecke an einem Tag zurückgelegt, aber seit einigen Jahren schaffte er es einfach nicht mehr und er hatte sich angewöhnt auf halbem Weg in einem abseits gelegenen Gasthaus zu übernachten.

Er führte den Esel in den Stall und betrat die Schenke.

Die Luft im Inneren war warm und dunstig, roch nach Fisch, nach Tannenholz, nach Bier und dem Schweiß ungewaschener Körper.

Der Lärm war unbeschreiblich.

Einige Bauern saßen zusammen beim Kartenspiel und waren darüber in Streit geraten.

Andere hatten mit rauen Kehlen ein altes Lied angestimmt und ersetzten durch Lautstärke was ihnen an Harmoniegefühl fehlte.

Und wieder andere unterhielten sich geräuschvoll über all die Dinge, die in ihrem Leben wichtig zu sein schienen.

Pane zog seine Mütze vom Kopf, grüßte und setzte sich alleine an einen Tisch.

Er bestellte einen Krug warmes Bier und verzehrte dazu einen Kanten trockenes, hartes Maisbrot, den er in seiner Jackentasche gefunden hatte.

Der Radau hatte sich gelegt und so drangen einige Gesprächsfetzen vom Nebentisch an sein Ohr.

Sie sprachen über die schlechte Ernte, über die Hungersnot die in diesem Winter folgen würde und dass der Teufel wieder einmal seine schwarzen Finger im Spiel hatte.

Dabei wurden ihre Stimmen immer leiser und zuletzt flüsterten sie nur noch, denn sie alle mussten durch die Nacht nach Hause und niemand wollte den Leibhaftigen durch zu laute Reden herbeirufen.

"Ach ja...der Teufel..." sagte Pane plötzlich so laut, dass alle zusammenzuckten "Der Teufel kocht auch nur mit Wasser. Und zwar mit lauwarmen Wasser."

"Was weisst du vom Teufel, Großväterchen?" fragte einer der Männer.

"Nur soviel, dass ich ihm einmal begegnet bin." antwortete Pane und sah in die Runde.

Die Bauern rückten näher.

"Erzähl, alter Mann..." baten sie, doch Pane gähnte herzhaft und tat so, als wollte er sich erheben.

"Nein, ich bin müde. Ich habe einen harten Tag hinter mir und morgen einen weiten Weg vor mir. Ich muss schlafen. Herr Wirt, was kostet die Übernachtung?"

"4 Kopeken die Nacht." sagte der Wirt.

"Soviel?" ereiferte sich Pane "Ich bin ein armer Mann und kann mir das nicht leisten. Was habe ich zu bezahlen, wenn ich hier auf der Ofenbank schlafe?"

"2 Kopeken."

"Auch das ist mir noch zuviel. Ich werde dann wohl draussen im Wald schlafen müssen...in dieser kalten Novembernacht..." seufzte Pane.

"Wir bezahlen dir das Zimmer..." schlugen die Männer vor "...wenn du uns deine Geschichte erzählst."

"Das will ich mir gefallen lassen." schmunzelte Pane und hielt ihnen seine Kappe entgegen, in die sie nacheinander ihre Münzen warfen, bis die 4 Kopeken zusammen waren.

Pane steckte das Geld ein, bestellte sich noch einen Krug Bier und trank einen großen Schluck.

"Also..." erzählte er dann "Es ist jetzt schon viele Jahre her...

Da hatten wir die schlechteste Ernte seit ewigen Zeiten. Der Frühling war zu kalt, der Sommer zu nass und der Herbst zu stürmisch gewesen.

Das Vieh bekam die Blattern, die Hühner legten keine Eier mehr und fielen tot von der Stange und schon im Oktober fiel der erste Schnee.

Und so kam es, dass wir schon vor dem Dezember keinen Bissen Nahrung mehr hatten. Den Nachbarn ging es nicht besser als uns, also konnten wir auch von dort keine Hilfe erwarten. Die Kinder weinten vor Hunger und meine Frau grämte sich von früh bis spät.

In meiner Not ging ich, es ist heute auf den Tag genau 50 Jahre her, zu einem Felsen im Wald, an dem, einer alten Sage nach, der Teufel um Mitternacht anzutreffen sein sollte.

Mein Herz schlug mir bis in den Hals hinauf als ich dort alleine in der Finsternis stand und wartete.

In der Ferne hörte ich ein Käuzchen rufen und dann rauschte es in den Ästen und eine schwarze Gestalt stand vor mir.

Was machst du hier, an diesem verfluchten Ort, fragte sie mich und die Stimme klang als würde man Steine aneinander reiben.

Ich brauche Eure Hilfe oh Fürst der Dunkelheit, stammelte ich. Den Meinen geht es schlecht, wir haben nichts mehr zu essen und werden den Winter nicht überleben können.

Was bietest du mir für meine Hilfe, fragte Satan und seine Augen leuchteten rot als er mich ansah.

Meine Seele, antwortete ich leise.

Der Teufel lachte.

Deine Seele ist mir aber nicht genug. Ich möchte jedes Jahr eine Seele. Ein halbes Jahrhundert lang.

Das kann ich nicht. Ich bin kein Mörder und werde niemals einer sein, sagte ich entschieden.

Dann werden deine Kinder sterben und du wirst sie, eines nach dem anderen, begraben. Überlege dir gut, was du willst.

Ich schüttelte erneut den Kopf.

Nein, nein und abermals nein. Es ist unmöglich.

Dann sterbt meinetwegen den Hungertod, zischte er und verschwand in einer Wolke aus Schwefeldampf.

Und ich ging langsam nach Hause, bedrückt aber trotzdem froh, der Versuchung widerstanden zu haben."

Die Männer schwiegen eine Weile und jeder fühlte in sich das Grauen jener Nacht.

"Aber dennoch habt ihr es irgendwie geschafft?" fragte einer.

"Ja...wir haben es dann doch geschafft den Winter zu überleben." sagte Pane und rieb sich sein stoppeliges Kinn.

Nach und nach gingen die Bauern nach Hause und dann waren Pane und der Wirt alleine.

"Den Tölpeln hast du ja einen schönen Bären aufgebunden." lachte der Wirt "Aber immerhin haben sie dir dafür das Geld für das Zimmer gegeben."

Pane erhob sich und ging langsam auf ihn zu.

"Die Geschichte ist so wahr, wie ich hier stehe." sagte er.

"Aber wie bist du dann durch den Winter gekommen?"

"Nun ja..." sagte Pane und zog sein Messer "Ich war in der nächsten Nacht noch einmal dort und habe den Pakt mit dem Teufel geschlossen. Ein halbes Jahrhundert lang jährlich eine Seele und du, mein Bester, wirst die Letzte sein..."

Währenddessen stand der Esel im Stall und kaute an seinem Hafer.

Als er einen Schrei aus der Gaststube hörte, spitzte er einmal kurz die Ohren, schüttelte den Kopf und fraß weiter...

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

*eeeviiiiiiiiiill...
aber dieses Mal sehr voraussehbar ^^, das heisst wahrscheinlich, dass meine Gedankenwelt deiner ähnlich er ist, als ich gedacht hätte...*muahahahaha

Anonym hat gesagt…

Ich hätte jetzt gedacht, der hätte seine Blagen gefressen ;) so wie ich dich kenne..hehe

Benjamin Raspail hat gesagt…

@Sabrina:

Und das spricht doch eindeutig für dich.

*lach*

@Stumpfi:

Näääää...du musst bedenken, die steckten in einer Hungersnot.

Da war an den Kindern doch kaum was dran...

Rotzlöffel hat gesagt…

Tod und Teufel noch eins ;o)
Kann Viehzeug die Blattern bekommen? Ich dachte, die Pest war Menschensache. Aber die haben zu der Zeit ja alles mit Blattern umschrieben, sicher auch die pubertäre Akne.

Benjamin Raspail hat gesagt…

@Rotzi:

Klaro konnten auch Tiere Blattern bekommen.

Denn "Blattern" ist lediglich ein Synonym für "Pocken" und da wären zB die Kuhpocken zu nennen, die Euterpocken und die Seepocken.

Alles schlimme Krankheiten...